Dienstag, 24. Dezember 2019
Vom Wesen des Snobs
Die Weihnachtsfeiertage sind eine Zeit besinnlicher Gedanken. Beispielsweise über den Snob. Es gibt wohl kaum einen Menschen, über den so viele alberne Vorurteile existieren. Befragen wir das Fremdwörterbuch: "Mensch, der sich durch zur Schau getragene Extravaganz den Schein geistiger, kultureller Überlegenheit zu geben sucht u. nach gesellschaftlicher Exklusivität strebt." Auch wenn man die klassische Literatur und diverse Essays durchstöbert, gewinnt man den Eindruck, dass Snobismus Geltungssucht par excellence wäre, hinter der sich letztlich nicht sonderlich viel, also eigentlich nichts, verberge.

Diese Beispiele verdeutlichen einen erheblichen Aufklärungsbedarf. Liebe Duden-Redaktion. Wer sich den "Schein geistiger, kultureller Überlegenheit zu geben sucht", ist kein Snob. Vielmehr ein Parvenü. Weiterhin kann ein Snob ja wohl nichts dafür, dass seine Extravaganz bemerkt wird. Es ist platterdings nicht nötig, dass sie "zur Schau getragen" wird.
Einzig das "Streben nach Exklusivität" kann man gelten lassen. Es gibt wohl nur wenige, die sich nicht in der Gesellschaft ihresgleichen am wohlsten fühlen. Suum cuique. "Geltungssucht" ist in Verbindung mit "Snobismus" nichts als ein Oxymoron. Angebrachter wäre es, von "Selbstverwirklichung", "Genuss", "Entwickeln eines eigenen Stils" etc. zu reden.

Wovon man also fast immer hört sind lediglich Möchtegern-Snobs, die Schickeria, Trend- und Jetsetter, Stars und Sternchen, schlicht die "Prominenten". Ein Snob flieht das Kameralicht. Er will nicht von der Masse angehimmelt werden, er ignoriert sie. Von wenigen Ausnahmen abgesehen ignoriert er jeden. Er weiß, dass sein persönlicher Geschmack kein Allgemeingut sein kann. Ambitionen, ob politischer oder gesellschaftlicher Natur sind ihm fremd. Es ist ihm wichtig, kultiviert zu sein, unabhängig davon, ob es jemand mitbekommt. Er mag einen gewissen Luxus, sicher. Er flaniert durch sein Leben. Er ist eher Gourmet als Gourmand.

Wie jeder Mensch fühlt der Snob Verachtung und Arroganz, aber er behält derartige Emotionen für sich. Wenn er sich inkommodiert fühlt, hebt er allenfalls indigniert die Augenbraue. Eine Zurückhaltung, die einigen wichtigtuerischen und oberlehrerhaften Landsleuten gut zu Gesicht stünde. Deren ökologische und politische Korrektheit ist ihm absolut fremd, geradezu ein Kuriosum.

Um einem weiteren Vorurteil entgegenzutreten: Snobs müssen nicht zwangsläufig reich sein. Stil hat nichts mit dem Kontostand zu tun. Natürlich schadet ein gewisses finanzielles Polster nicht. Snobismus ist jedoch in erster Linie eine Geisteshaltung. Selbstvertrauen und Niveau sind erforderlich, hinzu kommt das Bewusstsein der eigenen Exklusivität.

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